Sind die Türken in Oer-Erkenschwick nett? Was wirklich zählt

Sind die Türken in Oer-Erkenschwick nett? Was wirklich zählt

Wenn du in Oer-Erkenschwick lebst und dich fragst, ob die Türken nett sind, dann bist du nicht allein. Viele Menschen in der Stadt haben diese Frage schon mal gestellt - manchmal laut, oft nur im Kopf. Die Antwort ist nicht einfach ja oder nein. Sie liegt in den kleinen Alltagssituationen, in den Begegnungen auf dem Markt, in der Schule, im Garten. Und die meisten, die sich wirklich Zeit nehmen, kommen zu einem überraschend einfachen Ergebnis: Ja, sie sind nett. Aber nicht, weil sie das müssen. Sondern weil sie es einfach sind.

Wer sind die Türken in Oer-Erkenschwick?

Die meisten türkischstämmigen Menschen in Oer-Erkenschwick sind keine Neuankömmlinge. Viele ihrer Eltern kamen in den 1960er und 70er Jahren als Gastarbeiter hierher - für eine Arbeitsstelle, für ein besseres Leben. Heute leben sie hier seit Generationen. Ihre Kinder sind in der Stadt aufgewachsen, sprechen Deutsch mit Akzent, manchmal auch ohne. Sie gehen zur Schule hier, arbeiten hier, haben ihre Hobbys hier. Einige betreiben einen Imbiss, andere eine Friseurin, wieder andere arbeiten bei der Stadt oder im Krankenhaus. Sie sind nicht einheitlich. Sie sind wie jeder andere auch: manche sind laut, manche still, manche lieben Fußball, manche hassen ihn.

Im Stadtteil Lüdenscheid gibt es eine kleine türkische Gemeinde, die sich um den Markt herum organisiert. Dort findest du den türkischen Supermarkt mit den frischen Kräutern, den Kaffee, den du so nicht im Aldi bekommst. Dort holt sich Oma Hanne aus dem Nachbarhaus jeden Freitag ihre Baklava. Und dort grüßt jeder jeden - egal ob mit „Guten Tag“ oder „Merhaba“.

Was macht „nett“ eigentlich aus?

„Nett“ ist kein abstrakter Begriff. Es ist kein Etikett, das man jemandem aufklebt. Es ist etwas, das du spürst. Wenn dein Nachbar dir hilft, den Schnee zu räumen, obwohl er selbst krank ist - das ist nett. Wenn deine Tochter nach der Schule bei der türkischen Familie nebenan bleibt, weil ihre Mutter Überstunden hat - das ist nett. Wenn jemand dir auf dem Weg zum Bäcker ein Stück Brot anbietet, weil er gesehen hat, dass du dich beeilst - das ist nett.

In Oer-Erkenschwick gibt es viele solche Momente. Sie passieren nicht in großen Reden, sondern im Stillen. Sie passieren, weil Menschen einfach menschlich sind. Und oft sind es diejenigen, die am wenigsten haben, die am meisten geben. Ein türkischer Vater, der jeden Sonntag seine Kinder zum Spielplatz bringt und mit den anderen Eltern über Schulnoten redet. Eine türkische Frau, die im Winter immer Kürbissuppe für die Nachbarn kocht - egal, ob sie aus der Türkei, Polen oder Deutschland kommen.

Kinder aus verschiedenen Kulturen pflanzen gemeinsam Gemüse in einem Gemeinschaftsgarten.

Missverständnisse gibt es - aber warum?

Es gibt auch Schwierigkeiten. Manchmal fühlen sich Menschen unsicher, wenn sie etwas nicht verstehen. Ein türkischer Mann, der auf dem Spielplatz laut mit seinen Freunden spricht - wird als „laut“ wahrgenommen. Ein türkischer Teenager, der mit Freunden auf der Straße steht - wird als „bedrohlich“ gesehen. Dabei ist er nur ein Junge, der nach der Schule mit seinen Kumpels abhängt. Genau wie dein Sohn.

Die Sprache ist oft das größte Hindernis. Wer kein Deutsch kann, wirkt manchmal abweisend. Aber das ist es nicht. Es ist Angst. Angst, falsch zu sprechen, falsch zu verstehen, falsch zu reagieren. Ich kenne eine Frau aus Krefeld, die seit 30 Jahren in Oer-Erkenschwick lebt. Sie spricht Deutsch mit einem starken Akzent. Manche lachen. Sie lacht mit. „Ich lerne immer noch“, sagt sie. „Und ich gebe nicht auf.“

Wie sieht echte Integration aus?

Integration ist kein Ziel, das man erreicht. Sie ist ein Prozess. Und sie funktioniert nur, wenn beide Seiten etwas tun. Die türkische Gemeinschaft in Oer-Erkenschwick hat viel getan. Sie hat Vereine gegründet, Sprachkurse organisiert, Kinder in die Fußballmannschaft gebracht. Sie hat Weihnachtsbäume aufgestellt, weil sie wissen: Hier ist jetzt ihre Heimat.

Aber die deutsche Seite muss auch mitmachen. Nicht mit Reden. Mit Taten. Mit dem Einladen zum Grillen. Mit dem Fragen: „Wie war dein Tag?“ Mit dem Respekt für andere Rituale - ob es jetzt Fastenzeit ist oder ein Hochzeitstag. Es geht nicht darum, alles zu akzeptieren. Es geht darum, sich gegenseitig zu sehen.

Die Schule in Oer-Erkenschwick hat vor zwei Jahren ein Projekt gestartet: „Nachbarn werden Freunde“. Kinder aus unterschiedlichen Hintergründen arbeiteten zusammen an einem Gemeinschaftsgarten. Die türkischen Kinder brachten Samen aus der Türkei mit. Die deutschen Kinder bauten Beete. Heute wachsen dort Tomaten, Paprika und Minze - nebeneinander. Keiner sagt, wer was gebracht hat. Aber alle wissen es.

Eine türkische Frau reicht einem deutschen Nachbarn warme Kürbissuppe in der Küche.

Was sagen die Leute, die es wissen?

Ich habe mit Frau Karaca gesprochen. Sie lebt seit 42 Jahren in Oer-Erkenschwick. Sie kam mit 18 Jahren aus Izmir. Sie arbeitete als Putzfrau, dann als Küchenhilfe, heute ist sie Rentnerin. Sie hat drei Kinder, sechs Enkel. Ich fragte sie: „Sind die Deutschen nett zu Ihnen?“

„Manche sind es“, sagte sie. „Manche nicht. Aber ich habe gelernt: Es geht nicht um die anderen. Es geht um mich. Ich bin nett. Und das ist genug.“

Ich fragte Herrn Schmidt, der seit 25 Jahren im Ort wohnt und den türkischen Supermarkt besucht. „Würden Sie sagen, dass die Türken nett sind?“

„Ich kenne sie nicht als Türken“, antwortete er. „Ich kenne sie als Frau Gül, die mir immer ein Brot mit Käse gibt, wenn ich vergesse, welches ich will. Und als Herrn Yilmaz, der mir letztes Jahr den Motor meines Autos repariert hat, obwohl er kein Mechaniker ist. Die Frage ist doch nicht, woher sie kommen. Sondern: Was tun sie?“

Was du tun kannst - heute

Du musst nicht alles ändern. Du musst nicht zum türkischen Fest gehen. Du musst nicht lernen, „Merhaba“ zu sagen. Aber du kannst etwas tun. Etwas Einfaches.

  • Grüße jemanden, der dir auf der Straße begegnet - auch wenn du ihn nicht kennst.
  • Frage deine Nachbarn: „Was ist euer Lieblingsessen?“ - und probier es aus.
  • Gehe nicht an einem türkischen Geschäft vorbei, ohne hineinzugehen. Kauf etwas. Sag Danke.
  • Wenn du ein Kind siehst, das allein ist - frag, ob es mit dir spielen will.
  • Wenn du jemanden hörst, der etwas schlecht über eine Gruppe sagt - sag nichts. Aber denk daran: Das ist nicht deine Wahrheit.

Nettsein ist kein Talent. Es ist eine Wahl. Und sie wird nicht durch Herkunft bestimmt. Sie wird durch Handlung bestimmt.

Die Türken in Oer-Erkenschwick sind nicht nett, weil sie Türken sind. Sie sind nett, weil sie Menschen sind. Und das ist der einzige Grund, der zählt.

Sind Türken in Oer-Erkenschwick freundlicher als andere Gruppen?

Nein, sie sind nicht freundlicher als andere - aber auch nicht weniger. Die meisten Menschen, egal woher sie kommen, sind im Alltag höflich und hilfsbereit, wenn sie sich sicher fühlen. In Oer-Erkenschwick gibt es viele Familien aus Polen, Syrien, Vietnam und Deutschland, die genauso engagiert sind. Es geht nicht um Herkunft, sondern um individuelles Verhalten. Wer nett ist, bleibt nett - unabhängig von der Nationalität.

Warum gibt es Vorurteile gegenüber Türken in der Stadt?

Vorurteile entstehen oft aus Unwissenheit und Angst vor dem Unbekannten. Manche Menschen sehen nur, was in den Nachrichten steht - nicht, was im eigenen Viertel passiert. Ein lautstarker Abend am Markt wird als „Lärm“ wahrgenommen, nicht als Familientreffen. Ein Mann, der in seiner Muttersprache spricht, wird als „abweisend“ gesehen, obwohl er nur mit seinem Bruder telefoniert. Diese Missverständnisse lösen sich, wenn man sich persönlich begegnet - nicht über Social Media oder Klatsch.

Wie viele Türken leben eigentlich in Oer-Erkenschwick?

Laut der letzten offiziellen Statistik der Stadt aus dem Jahr 2024 leben etwa 1.200 Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Oer-Erkenschwick. Das sind rund 7 % der Gesamtbevölkerung. Die meisten davon sind hier geboren oder seit mehr als 20 Jahren ansässig. Sie sind Teil der Stadt - nicht ein Fremdkörper.

Gibt es Konflikte zwischen türkischen und deutschen Nachbarn?

Gelegentlich ja - aber das ist normal in jeder vielfältigen Gemeinschaft. Es gibt Streit um Lärm, Parkplätze oder Gartenregeln. Aber diese Konflikte sind selten ethnisch motiviert. Meistens geht es um Alltagsfragen, die auch zwischen deutschen Nachbarn vorkommen. In Oer-Erkenschwick gibt es aktive Nachbarschaftsinitiativen, die solche Probleme gemeinsam lösen - oft mit Übersetzern, aber ohne Vorurteile.

Warum ist die türkische Kultur so sichtbar in Oer-Erkenschwick?

Weil sie hier lebt. Seit Jahrzehnten haben türkische Familien ihre Traditionen gepflegt - nicht um sich abzugrenzen, sondern um ihre Identität zu bewahren. Das bedeutet: Moscheen, türkische Märkte, Familienfeiern, Musik, Essen. Das ist nicht eine Bedrohung. Das ist Kultur. Und Kultur macht eine Stadt lebendig. Wer in Oer-Erkenschwick lebt, profitiert davon - von den Gewürzen, den Festen, der Vielfalt der Stimmen.

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